MADRID, 21 (EUROPA PRESS)
Teams unter der Leitung des spanischen Nationalen Forschungsrats (CSIC), einer dem Ministerium für Wissenschaft, Innovation und Universitäten unterstellten Einrichtung, und des Barcelona Supercomputing Center – National Supercomputing Center (BSC-CNS) haben eine Strategie zur genetischen Neuprogrammierung von Bakterien entwickelt, ohne dass externe Gene eingefügt werden müssen, wie dies in der Biotechnologie häufig geschieht.
Die „GenRewire“ genannte Technik ermöglicht laut CSIC die Neuausrichtung von Proteinen in ihrem Genom, um neue Fähigkeiten zu entwickeln, ohne ihre natürliche Funktion zu beeinträchtigen.
Forscher weisen darauf hin, dass Gentechnik in der Biotechnologie weit verbreitet ist, um Bakterien neue Fähigkeiten zu verleihen, die es ihnen beispielsweise ermöglichen, Substanzen von industriellem oder medizinischem Interesse zu produzieren oder Umweltschadstoffe abzubauen. Bisher wurde die Veränderung bakterieller Zellfunktionen jedoch durch die Einbringung fremden genetischen Materials in die Zellen erreicht. Dazu wurden verschiedene Techniken und Elemente eingesetzt, beispielsweise Plasmide – kleine extrachromosomale DNA-Moleküle, die von einem Bakterium zum anderen wandern können.
Im Vergleich zu herkömmlichen Gentechnikverfahren, die auf der Einführung fremder DNA beruhen, schlägt die in der Fachzeitschrift Trends in Biotechnology veröffentlichte Studie einen Paradigmenwechsel vor. „Unsere Methode basiert auf einer einfachen Idee: Wenn native Proteine rechnerisch so umgestaltet werden können, dass etwas Neues entsteht, müssen wir das genetische Gleichgewicht der Zelle nicht mit externen Elementen verändern“, erklärt Manuel Ferrer, CSIC-Forscher am Institut für Katalyse und Petrochemie (ICP-CSIC) und Koordinator der Studie.
Um die entwickelte Technologie zu validieren, haben Wissenschaftler diese Methode angewendet, um Escherichia coli-Bakterien in die Lage zu versetzen, nanometergroße PET-Kunststoffpartikel (Polyethylenterephthalat) abzubauen. Diese Nanoplastikpartikel sind in unserem Alltag allgegenwärtig, werden in der Verpackungs- und Textilindustrie verwendet und sind zu Schadstoffen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit geworden.
Dieser Erfolg wurde durch die Neuprogrammierung zweier bakterieller Proteine erreicht, ohne dass externe Gene eingefügt werden mussten. „Unser Ansatz ist einzigartig, weil er künstliche Intelligenz, Supercomputer-Simulation und präzise Genomeditierung kombiniert, um natürliche Proteine mit neuen Aktivitäten auszustatten“, sagt BSC-Forscher und Studienkoordinator Víctor Guallar. Die modifizierten Proteine ersetzen die ursprünglichen im Genom und ermöglichen so der Zelle, ihr biologisches Gleichgewicht zu bewahren.
Darüber hinaus zeichnet sich die „GenRewire“-Technik durch ihre einfache Funktionsweise aus: Dabei werden die von einem Genom kodierten Proteine auf einem Supercomputer analysiert und anschließend mithilfe von Computerwerkzeugen neu programmiert, um eine gewünschte Funktion auszuführen.
„Dank der jüngsten Fortschritte bei den strukturellen Methoden der KI, unserer mechanischen Simulationsalgorithmen und der Supercomputerleistung von MareNostrum 5 haben wir die virtuellen Bakterien in nur drei oder vier Wochen neu programmiert“, fügt Joan Giménez, BSC-Forscher und einer der Erstautoren der Studie, hinzu.
Während herkömmliche Methoden exogene Gene hinzufügen, um Bakterien zu neuen Aktivitäten zu veranlassen, erzielt „GenRewire“ dasselbe Ergebnis ohne die Einführung fremder DNA. „Dadurch werden Probleme wie schlechtes Bakterienwachstum oder ein instabiles System vermieden. Wir haben gezeigt, dass es möglich ist, Bakterien von innen heraus neu zu gestalten, ohne ihre Natur durch externe Elemente zu verändern“, erklären Paula Vidal und Laura Fernández, CSIC-Forscherinnen am Institut für Katalyse und Petrochemie und ebenfalls Erstautorinnen der Studie.
„Wir haben gezeigt, dass diese Technologie die herkömmliche Stoffwechseltechnik ergänzen kann, indem sie Bakterien wie Escherichia coli ermöglicht, Plastik abzubauen und dessen Abfall in wertvolle Produkte umzuwandeln“, erklären sie.
Den Forschern zufolge könnte diese Methode auch auf andere Organismen angewendet werden und sich als Schlüsselinstrument für die Neuprogrammierung von Genomen erweisen, ohne dass fremde Proteine oder Gene eingeführt werden müssten. „Angewandt beispielsweise auf das menschliche Genom oder auf Nutzpflanzen verringert dies nicht nur das Risiko einer Abstoßung durch das Immunsystem, sondern hilft auch, die rechtlichen und ethischen Hürden zu überwinden, die bei der Verwendung fremder DNA oft auftreten“, schlussfolgern sie.